Der Aufgabenbereich der Lawinenkommissionen in den Gemeinden

Über den Aufgabenbereich der Lawinenkommissionen herrscht oft noch Unsicherheit. Der vorliegende Artikel gibt einen Überblick über die Aufgabenbereiche der LK nach dem Tiroler Lawinenkommissionsgesetz und versucht die wichtigsten Rechtsprobleme darzustellen. Dr. Khakzadeh ist eine Enkelin des verstorbenen Galtürer Ortschronisten Erich Lorenz.

Lamiss Magdalena Khakzadeh-Leiler

Dr. Lamiss Khakzadeh-Leiler ist Ao.Univ.-Prof.in am Institut für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre der Universität Innsbruck

Gastbeitrag

Einleitung

Jahrzehntelang haben die Lawinenkommissionen1 ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage gearbeitet. Obwohl in Tirol 1992 das LKG in Kraft trat, das erstmals den Aufgabenbereich der LK ausdrücklich normiert, herrscht diesbezüglich oft noch Unsicherheit. Der vorliegende Artikel gibt einen Überblick über die Aufgabenbereiche der LK nach dem Tiroler LKG und versucht, die wichtigsten Rechtsprobleme darzustellen.

Allgemeines

Schon vor Jahrzehnten haben sich aus praktischen Überlegungen heraus, ohne gesetzliche Grundlage, in den Tiroler Gemeinden die sogenannten Lawinenkommissionen2 als Teil des temporären Lawinenschutzes gebildet. Erst verschiedene Unfälle und darauffolgende Gerichtsverfahren3 machten die Notwendigkeit einer ausdrücklichen gesetzlichen Verankerung der LK deutlich. Nach langen Diskussionen trat in Tirol am 1. Mai 1992 das LKG in Kraft, dessen Verdienst vor allem in der klaren Umschreibung des Aufgabenbereichs der LK besteht4.

Rechtsgrundlagen

Lawinenkommissionen (LK) sind Einrichtungen des temporären Lawinenschutzes und stehen im Dienst der Abwehr von Lawinenkatastrophen. Maßnahmen des temporären Lawinenschutzes werden kurzfristig eingesetzt und auf Zeitpunkt, Ort und Ausmaß der Lawinengefahr abgestimmt; ausführende Organe sind die Lawinenwarndienste5 und Lawinenkommissionen6. Die rechtliche Grundlage für die LK findet sich in Tirol im Gesetz über die Einrichtung eines Katastrophenhilfsdienstes7 (KatHDG) und im Gesetz über die Lawinenkommissionen in den Gemeinden8.

Während das KatHDG ganz allgemein die Vorbereitung und Durchführung der Abwehr und der Bekämpfung von Katastrophen regelt und die LK als solche explizit nicht erwähnt werden, setzt sich das LKG erstmals ausdrücklich mit der Gefahrenabwehr durch LK auseinander. Der Kernpunkt des LKG ist somit § 3 LKG mit der Überschrift „Aufgaben“.

A. Die Aufgaben der LK in ihrer Funktion als Gemeinde-Einsatzleitung9

Der LK obliegen die Aufgaben, die ihnen in ihrer Funktion als Gemeinde-Einsatzleitung nach dem KatHDG in der jeweils geltenden Fassung in Bezug auf Lawinenkatastrophen zukommen.

Mit dieser Bestimmung wird klargestellt, dass das LKG dem KatHDG nicht derogiert, sondern dass vielmehr die Bestimmungen beider Gesetze ergänzend nebeneinander treten. Vor Inkrafttreten des LKG wurden die in den Gemeinden schon längst bestehenden LK immer als Gemeinde-Einsatzleitung nach dem KatHDG tätig. Obwohl sie in diesem Gesetz explizit nicht erwähnt wurden, wurden die für spezielle Gefahrenabwehr zuständigen LK unter den umfassenderen Begriff der „Gemeinde-Einsatzleitung“ subsumiert10. Nach dem LK behalten sie diesen Aufgabenbereich bei; es wird aber klargestellt, dass dies nur in Bezug auf Lawinenkatastrophen gilt.

Nach § 3 Abs 3 KatHDG obliegt der Gemeinde-Einsatzleitung die Beratung und Unterstützung des Bürgermeisters bei der Vorbereitung und Durchführung der Abwehr und der Bekämpfung von Katastrophen im Gemeindegebiet.

Zur Frage der Weisungsberechtigung

Die Weisung stellt ein sehr bedeutendes Instrument in der österreichischen Verwaltung dar. Eine Weisung ist ein von einem Verwaltungsorgan ausgehender Befehl an untergeordnete Organwalter11.

Um die Frage einer Weisungsberechtigung klären zu können, muss man zunächst feststellen, für wen das betreffende Organ tätig wird.

Die Vorbereitung und Durchführung der Abwehr und der Bekämpfung von Katastrophen, die das Gemeindegebiet betreffen, sind Maßnahmen des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde. Die LK sind Organe der Gemeinde12 und an die Weisungen des Bürgermeisters gebunden13.

An der Vorbereitung und Durchführung der Abwehr und der Bekämpfung von Katastrophen durch die Bezirkshauptmannschaften14 bzw. die Landesregierung15 haben die Gemeinden im übertragenen Wirkungsbereich mitzuwirken. In diesem Fall ist der Bürgermeister als Gemeinde-Einsatzleiter an die Weisungen der Bezirkshauptmannschaft bzw. der Landesregierung gebunden.

Fraglich ist, ob im Fall des übertragenen Wirkungsbereichs den Weisungen der Bezirksverwaltungsbehörde bzw. der Landesregierung Durchgriffswirkung zukommt oder ob Weisungen an die Gemeinde-Einsatzleitung über den Bürgermeister zu erfolgen haben.

Zwar kann man aus Art 119 B-VG kein Verbot eines Weisungsdurchgriffs herauslesen, es können jedoch folgende Überlegungen angestellt werden16:

Der Bürgermeister hat bei Übertragung von Geschäften der mittelbaren Bundesverwaltung auf andere Gemeindeorgane gegenüber diesen Organen nach Art 119 Abs 3 B-VG ein Weisungsrecht, außerdem spricht die zur mittelbaren Bundesverwaltung17 parallele Ausgestaltung des übertragenen Wirkungsbereichs der Gemeinden für ein Weisungsmonopol des Bürgermeisters.

Obwohl aufgrund einer wörtlichen Auslegung des § 11 Abs 2 KatHDG18 vereinzelt angenommen wird19, dass der Bezirksverwaltungsbehörde und der Landesregierung ein direktes Weisungsrecht an die Mitglieder der Gemeinde–Einsatzleitung zukommt, ist diese Auslegung nicht zweckmäßig. Gegen diese Auslegung spricht insbesondere, dass bei einer Zulässigkeit von Weisungsdurchgriffen einander widersprechende Weisungen gegenüberstehen können20, was besonders in Fällen der Katastrophenabwehr schwerwiegende Folgen haben kann.

Eine in diesem Zusammenhang ebenfalls noch zu klärende Frage ist, ob § 3 Abs 4 KatHDG die Aufgaben im Wege einer Delegation oder eines Mandats überträgt.

Nach der genannten Bestimmung des KatHDG kann der Bürgermeister Mitglieder der Gemeinde-Einsatzleitung beauftragen, in seinem Namen die erforderlichen Anordnungen zu treffen. Hierbei sind die Mitglieder an die Weisungen des Bürgermeisters gebunden. Solange solche Weisungen nicht ergehen, haben sie alle unaufschiebbaren Maßnahmen zur Abwehr und Bekämpfung von Katastrophen selbständig zu treffen.

Da die Anordnungen ja im Namen des Bürgermeisters getroffen werden, ist in diesem Fall eine mandatsmäßige Betrauung anzunehmen.

B. Die Mitwirkung der LK bei der Erlassung von Verkehrsverboten und -beschränkungen21

Der LK obliegt die Beurteilung der Lawinensituation im Auftrag der jeweiligen

  • Straßenpolizeibehörde im Zusammenhang mit der Erlassung und der Aufhebung von Verkehrsverboten und Verkehrsbeschränkungen, insbesondere Straßensperren. Die Straßenpolizei gehört zur Verwaltungspolizei und dient der Vermeidung und Bekämpfung von Gefahren, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr entstehen.

Außerdem obliegt der LK die Beurteilung im Auftrag der Organe

  • der Straßenaufsicht,
  • des Straßenerhalters und
  • der Feuerwehr

im Zusammenhang mit der Anordnung von Verkehrsbeschränkungen nach den straßenpolizeilichen Vorschriften infolge Lawinengefahr. Die diesbezüglichen Vorschriften finden sich in § 44b StVO.

Die Organe der Straßenaufsicht haben die Verkehrspolizei, das ist die Überwachung der Einhaltung straßenpolizeilicher Vorschriften und die unmittelbare Regelung des Verkehrs durch Arm- oder Lichtzeichen (22), handzuhaben und bei der Vollziehung der StVO mitzuwirken. Organe sind vor allem Organe der Bundesgendarmerie, der Bundessicherheitswache aber auch der Gemeindewachkörper.

Der Begriff des Straßenerhalters ist etwas schwieriger zu umfassen. Nichtsdestotrotz stellten die ErlBem zur RV (23) fest, dass der Ausdruck „Straßenerhalter“ wegen seiner Eindeutigkeit keiner Definition bedarf. Es wird lediglich festgehalten, dass als Straßenerhalter nicht nur der Bund und sonstige öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaften in Betracht kommen, sondern auch natürliche und juristische Personen des Privat- und Handelsrechts. Problematisch kann auch die Beziehung zu den korrespondierenden Begriffen des Bundesstraßengesetzes (24) bzw. des Tiroler Straßengesetzes (25) werden. Darauf wird später noch eingegangen.

Feuerwehren sind einheitlich gestaltete Gruppen, die als Hilfsorgane der Gemeinden bei verschiedenen Aufgaben mitzuwirken haben. (26) Sie werden nicht zur Polizei im materiellen Sinn gezählt, sind aber doch Einrichtungen mit polizeiähnlichen Exekutivfunktionen. (27)

Die straßenpolizeilichen Vorschriften im Zusammenhang mit der Anordnung von Verkehrsbeschränkungen finden sich in der Straßenverkehrsordnung (28). So hat nach § 43 Abs 1 lit a StVO die Straßenpolizeibehörde für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken, wenn ein Elementarereignis bereits eingetreten oder nach den Umständen mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, die zum Schutze der Straßenbenützer oder zur Verkehrsabwicklung erforderlichen Verkehrsverbote oder Verkehrsbeschränkungen zu erlassen. (29) Die zuständige Behörde (30) ist allerdings nur selten vor Ort und kann daher nicht in allen Fällen eine auf die örtlichen Verhältnisse bedachtnehmende Einschätzung der Gefahrensituation vornehmen. Dieser Problematik wollte man mit dem LKG unter anderem Rechnung tragen; zum einen wollte man der zuständigen Behörde die Möglichkeit geben, sich durch eine LK beraten zu lassen, zum anderen wollte man klarstellen, dass die LK nur beratende Funktion hat und nicht Entscheidungsträger ist, wie dies vor Inkrafttreten des LKG angenommen wurde.

a) Auskunft oder Gutachten?

Zu klären ist, ob die LK bei der Beurteilung der Lawinensituation eine Auskunft erteilt oder ein Gutachten erstattet. Meines Erachtens erstattet sie ein Gutachten. Unter einem Gutachten versteht man die von einem SV aufgrund von erhobenen Tatsachen (Befund) aufgrund seiner Sachkenntnis gezogenen Schlussfolgerungen (Gutachten ieS). (31)
Die Mitglieder der LK erheben als SV Tatsachen (Neuschneezuwachs, Schneeprofil, …), aus denen sie dann ihre Schlussfolgerungen ziehen (Notwendigkeit der Sperre eines Gebietes, Sperre für bestimmte Tageszeiten, …).

Die Lawinenkommission erstattet ein Gutachten. Der Auftraggeber ist rechlich nicht daran gebunden.

Lamiss Khakzadeh-Leiler

Aus dieser Qualifikation als Gutachten (32) ergibt sich auch, dass der Auftraggeber rechtlich nicht an dieses Gutachten gebunden sein kann, denn nach dem AVG (33) ist ein Gutachten lediglich ein Beweismittel, das der freien Beweiswürdigung unterliegt.

b) Die Beziehung zwischen der LK und der auftragserteilenden Behörde

Ein weiteres rechtliches Problem ist die Beziehung zwischen der LK und der Behörde, die ihr den Auftrag zur Beurteilung der Lawinensituation erteilt.

Die Aufgaben nach § 3 Abs 1 lit a iVm §§ 11 Abs 2 und § 15 Abs 2 KatHDG sowie jene nach § 3 Abs 1 lit b werden im übertragenen Wirkungsbereich besorgt.

Die LK tritt dabei organisatorisch als Gemeindeorgan und funktionell als Organ des Landes auf.

Die sog. Organtheorie ist auch für die Haftungsfrage von großer Bedeutung. So kommt es bei der Frage, wer als Rechtsträger nach dem AHG in Anspruch genommen werden kann, nicht darauf an, wessen Organ der Betreffende organisatorisch war, sondern für wen er funktionell tätig war. (34) In diesem Zusammenhang muss neuerlich betont werden, dass zwar die LK von den genannten Behörden und Organen zur leichteren Entscheidungsfindung als Hilfsorgan herangezogen werden darf und die LK im Falle einer Auftragserteilung nach der Formulierung des Gesetzes (35) zur Beurteilung der Lawinensituation verpflichtet ist, die Entscheidung als solche darf ihr aber nicht übertragen werden. Eine Grenze der Wahlmöglichkeit der Behörde wird jedoch in ihren eigenen Fähigkeiten zur Beurteilung zu finden sein; hat sie diese notwendigen Fähigkeiten nicht, so muss sie einen SV beiziehen.

c) Die Frage der Weisungsberechtigung

Bei einem Tätigwerden nach § 3 Abs 1 lit b LKG stellt sich die Frage, ob die LK auch Weisungen der dort aufgezählten Organe entgegennehmen muss.

Dazu ist zunächst die rechtliche Stellung dieser Organe zu qualifizieren, also in welcher Form und von welchem Organ ihnen die Kompetenz zur Ergreifung der Maßnahmen nach § 44b StVO übertragen wird.
Im vorliegenden Fall überträgt nicht die an sich zuständige Behörde ihre Kompetenz, sondern diese wird schon durch das Gesetz übertragen. Es wird mE eine Art der Kompetenzverteilung zwischen den Organen vorgenommen: an sich ist die Behörde gem § 43 StVO zuständig, aber im Fall der Unaufschiebbarkeit dürfen die in § 44b StVO angeführten Organe die notwendigen Maßnahmen ergreifen. Wenn sie die Maßnahmen nicht ergreifen, bleibt die Behörde zuständig. Fraglich ist aber, ob die an sich zuständige Behörde auch dann noch zuständig bleibt, also Maßnahmen ergreifen kann, wenn die angeführten Organe von ihrer Kompetenz Gebrauch machen.

Nach Abs 4 hat die Behörde von der Dienststelle des tätig gewordenen Organs die Aufhebung der Veranlassung oder Maßnahme zu verlangen, wenn der Grund dafür weggefallen ist oder die Veranlassung oder Maßnahme gesetzwidrig oder sachlich unrichtig war. Dies deutet meines Erachtens darauf hin, dass die Kompetenz oder zumindest ein Teil dieser Kompetenz von der Behörde auf die Organe übergeht. Dies ist aber schon aus organisatorischen Gründen notwendig, weil sonst zwei Organe für die Erlassung einer Maßnahme zuständig wären. Allerdings erhält die Behörde ihr Antragsrecht gem § 44b Abs 4 StVO. Nach außen aber treten die Maßnahmen als von der zuständigen Behörde ergriffene Maßnahmen in Erscheinung; es ist idR für den Rechtsunterworfenen nicht erkennbar, ob eine Maßnahme aufgrund des § 43 oder aufgrund des § 44b ergriffen wurde. Deswegen müssen meines Erachtens die Handlungen der Organe der zuständigen Behörde zugerechnet werden. (36) Die Organe werden also funktionell als Organe der an sich zuständigen Behörde tätig. Aufgrund dessen ist meines Erachtens auch ein Weisungsrecht der Behörde an die Organe anzunehmen.

Diese Konstruktion kann aber unter Umständen sehr problematisch werden, dann nämlich, wenn man davon ausgeht, dass es sich beim Straßenerhalter auch um Personen des Privatrechts handeln kann. Diese dürften sich dann nämlich im vorliegenden Fall Rechtsformen hoheitlichen Handelns bedienen (Aufstellen von Verkehrszeichen). Dies wirft aber vor allem hinsichtlich der Zurechnung (37) und in weiterer Folge des Rechtsschutzes und der Haftungsfrage große Probleme auf.

Zur Lösung dieses Problems ist zunächst auf den Begriff des Straßenerhalters einzugehen, für den es keine einheitliche Umschreibung gibt. (38)

Nach einem Erkenntnis des OGH (39) ist Straßenerhalter derjenige, dem der Bau und die Instandhaltung einer Straße obliegen.

Nach dem BStrG obliegt die Herstellung und Erhaltung von Straßen dem Bund.

Das Tiroler Straßengesetz führt schließlich den Begriff Straßenverwalter ein und versteht darunter denjenigen, dem der Bau, die Erhaltung und Verwaltung einer Straße als Träger von Privatrechten obliegt. (40) Im Gesetz wird dann für jede Straßengruppe der Straßenverwalter ausdrücklich bestimmt; so stellt etwa § 35 TirStrG fest, dass der Straßenverwalter einer öffentlichen Privatstraße der über die Straße Verfügungsberechtigte ist.

Somit ist es durchaus möglich, dass eine natürliche Person des Privatrechts Straßenerhalter iSd StVO ist.

Dadurch drängen sich zwei Fragen auf. Zum einen, in welcher Rechtsform dem Straßenerhalter die Kompetenzen nach § 44b StVO übertragen und zum anderen, wem seine Handlungen zugerechnet werden. Meines Erachtens ist eine Beleihung anzunehmen. Als Beleihung bezeichnet man die Betrauung von juristischen Personen privaten Rechts oder von natürlichen Personen mit der Zuständigkeit zur Setzung von Hoheitsakten in eigener Organkompetenz und Verantwortung. Beleihungen begründen also eine Organfunktion des Beliehenen. (41) Zugerechnet werden die Handlungen des Beliehenen jener Behörde, von der er die Kompetenzen erhalten hat, in diesem Fall also von der für die Erlassung von Verkehrsbeschränkungen zuständigen Behörde. Auf die umstrittene Frage, ob der Behörde ein Weisungsrecht gegenüber dem Beliehenen zukommt, ist hier nicht im einzelnen einzugehen; eine solche ist meines Erachtens aber zu bejahen.

Jedenfalls zu verneinen ist meines Erachtens aber eine Weisungsberechtigung der Organe des § 44b gegenüber der LK. Eine solche kann nur der zuständigen Behörde zukommen.

Die den Organen übertragenen Kompetenzen erschöpfen sich darin, die im Gesetz aufgezählten Maßnahmen zu ergreifen; Weisungsberechtigungen sind nicht umfasst: Diese verbleiben bei der zuständigen Behörde. Ein Weisungsdurchgriff dieser Behörde ist aber wiederum wie oben bereits dargestellt zu verneinen.

C. Die Inanspruchnahme der LK durch Betreiber von Anlagen

Die Schaffung des § 3 Abs 2 LKG erfolgte aus ähnlichen Überlegungen wie sie dem Abs 1 lit b leg cit zugrunde liegen. Einerseits sollten die Betreiber von Lift- und Seilbahnanlagen sowie von Sportanlagen, wie Schipisten, Loipen, Rodelbahnen und dergleichen die Möglichkeit bekommen, sich bei der Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Sicherungspflichten kompetenter Ratgeber bedienen zu dürfen. Andererseits sollte ausdrücklich festgestellt werden, dass die Aufgabe der LK auf die Beurteilung der Lawinensituation beschränkt ist, die endgültige Entscheidung und Verantwortung liegt daher beim Sicherungspflichtigen. Die LK aber ist auf Verlangen eines Betreibers zu einer Beurteilung verpflichtet. Diese Beurteilung der LK ist für den Betreiber lediglich Entscheidungshilfe, nicht Substitut einer Entscheidung. Allerdings wird im Haftungsfalle wohl unter Umständen Augenmerk auf die Frage gelegt werden müssen, aus welchen Gründen ein Sicherungspflichtiger aufgrund einer Beurteilung der LK keinerlei Maßnahmen ergriffen hat, sich also gegen ihre Empfehlung gestellt hat.
Fraglich bei dieser Konstruktion ist aber, ob die LK hoheitlich oder privatrechtlich tätig wird. Die Beantwortung dieser Frage hat große Auswirkungen auf die Haftungsproblematik, etwa ob auf die Mitglieder der LK das AHG anzuwenden ist. (42)

Diese Frage ist aber umstritten. (43) Trotzdem hat das LKG aber mit der Festlegung der Aufgabenbereiche der LK viel zur Entwirrung dieser komplizierten Frage beigetragen. (44)

Aus § 3 LKG ergibt sich ganz klar, dass die LK niemals an Stelle eines Entscheidungsträgers agiert, sondern immer nur unterstützende Funktion hat.

a) Hoheitliches oder privatrechtliches Handeln der LK?

Von Hoheitsverwaltung spricht man, wenn der Staat als Träger des ihm eigentümlichen „Imperiums“ auftritt, welches in der Erlassung von Verordnungen, Bescheiden und behördlichen Zwangsakten zum Ausdruck kommt. (45)

Wenn die LK für einen Betreiber eine Beurteilung vornimmt, so handelt sie sicher nicht hoheitlich im eben dargestellten Sinn; sie gibt eine faktische Beurteilung ab, tut dies aber weder in Form einer Verordnung noch eines Bescheides oder eines behördlichen Zwangsaktes. Aber auch die Annahme privatrechtlichen Handelns ist nicht überzeugend.

Dieser Abgrenzungsproblematik hat erstmals Antoniolli mit dem Begriff der „schlichten Hoheitsverwaltung“ Rechnung getragen. (46) Dieser Begriff umfasst Verwaltungshandeln, das selbst nicht in den für Hoheitsverwaltung klassischen Formen in Erscheinung tritt, aber doch im Zusammenhang mit der Hoheitsverwaltung erfolgt.

Genau dies trifft auf das Tätigwerden der LK nach § 3 Abs 2 LKG zu. Die LK setzt keinen Hoheitsakt im klassischen Sinn, wird aber doch im Zusammenhang mit der Hoheitsverwaltung tätig.

Meines Erachtens ist es für die LK gar nicht möglich, nicht hoheitlich zu handeln. Sie besteht aufgrund des Gesetzes und nimmt die ihr durch dieses Gesetz zugewiesenen Aufgaben wahr. Außerdem kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, dass er den Mitgliedern der LK eine gesetzliche Verpflichtung zur Erfüllung von Aufgaben auferlegt, sie aber gleichzeitig bei einer etwaigen Haftungsfrage nicht als Organe qualifiziert, sondern sie mit den einfachen Haftungsregeln des ABGB belastet.

Im Zusammenhang mit § 3 Abs 2 LKG ist erwähnenswert, dass zwar die LK nur auf Verlangen der Betreiber tätig zu werden hat, dass aber Umstände eintreten können, die ein Einschreiten der LK ex officio verlangen. Dies ist dann der Fall, wenn ein Ereignis den Katastrophenbegriff des KatHDG erfüllt und die LK damit als Gemeinde-Einsatzleitung gem § 3 Abs 1 lit a LKG iVm KatHDG tätig wird.

b) Die LK als Exekutivorgan?

Noch zu beantworten ist die Frage, ob es sich bei der LK um ein Exekutivorgan handelt.

Zur klareren Abgrenzung kann zunächst die Frage, ob es sich bei den LK um Behörden handelt, noch relativ eindeutig beantwortet werden. Behörden sind vom Gesetz hoheitliche Befugnisse verliehen worden. Entscheidend dabei ist ihre Funktion und nicht ihre organisatorische Zurechnung. (47) LK sind aber mangels „Imperium“ keine Behörden.

Des weiteren unterscheidet man bei den nichtbehördlichen Verwaltungsorganen solche, die auf Grund ihres besonderen Sachverstandes Hilfsfunktionen für Behörden erfüllen. (48) (49)

Den LK obliegt die Beurteilung der Lawinengefahr im Auftrag bzw. auf Verlangen von Verwaltungsbehörden. Mit Bedachtnahme auf die im LKG ausdrücklich aufgezählten Aufgabenbereiche kann man die LK also als Hilfsorgane bezeichnen.

Zu klären ist aber, ob dies auch für den Aufgabenbereich zutrifft, der der LK aufgrund des KatHDG zukommt, oder ob man in diesem Fall nicht doch die weitreichendere Qualifikation als Exekutivorgan annehmen muss.

Alle mit hoheitlichen Aufgaben betrauten Verwaltungsbehörden benötigen Exekutivorgane, die den von der Behörde angeordneten oder ihr zuzurechnenden Zwang ausüben, um einen bestimmten rechtlichen Erfolg herbeizuführen. (50)

Exekutivorgane nehmen also insofern eine besondere Stellung unter den Hilfsorganen ein, als ihnen selbst bereits bestimmte behördliche Befugnisse zukommen. (51)

So kann der Bürgermeister die Mitglieder beauftragen, in seinem Namen die zur Katastrophenabwehr erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Solange diesbezügliche Weisungen nicht ergehen, haben sie alle unaufschiebbaren Maßnahmen selbständig zu treffen. In diesem Zusammenhang kommen der LK also bestimmte behördliche Befugnisse zu, weshalb sie als Exekutivorgane qualifiziert werden können.

Rechtliche Konsequenzen der Beurteilung

Die Beurteilung der LK umfasst idR die Beschreibung der momentanen Lawinensituation für ein bestimmtes Gebiet sowie eine kurzfristige Prognose. In der Praxis wird damit aber meist noch eine Empfehlung verbunden. In der langen Geschichte der LK wirft die rechtliche Bedeutung dieser Beurteilung die meistens haftungsrechtlichen Probleme auf, auf die hier nicht im einzelnen eingegangen werden kann. Es sei nur eine wesentliche Anmerkung gemacht: Im Haftungsfall muss bedacht werden, dass die Lawinenkommission nicht den Erfolg der zutreffenden Lagebeurteilung schuldet sondern vielmehr die sorgfältige Beurteilung. (52)

D. Die Übertragung von Aufgabenbereichen der LK

Durch schriftlichen Vertrag können die Aufgaben der LK nach § 3 Abs 1 lit b und Abs 2 zur Gänze oder in bestimmt zu bezeichnenden Bereichen einer anderen Gemeinde übertragen werden. In diesem Fall handelt es sich um einen verwaltungsrechtlichen Vertrag.

Verwaltungsrechtliche Verträge iwS werden etwa definiert als alle Vereinbarungen, bei denen ein Träger der Verwaltung als Vertragspartner beteiligt ist. (53)

Im vorliegenden Fall sind beide Seiten gleichberechtigte Träger der Verwaltung, weswegen dieser Vertrag als koordinationsrechtlicher Vertrag bezeichnet wird. (54)

Schlussbetrachtung

Das LKG ist meines Erachtens ein gelungenes Gesetz, das vor allem durch seine Kürze und seinen klaren Aufbau zu überzeugen vermag. Eines der Probleme des Rechts ist es aber, dass niemals eine Norm geschaffen werden kann, die alle Eventualitäten regelt. Gerade die Mitglieder der LK führen meist ehrenamtlich eine äußerst verantwortungsvolle Tätigkeit aus, weswegen einmal mehr versucht werden sollte, die auftretenden Probleme und Rechtsfragen im Sinne der beteiligten Menschen zu lösen.

Anmerkungen / Literatur

  1. Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf die Rechtslage im Bundesland Tirol. ↩︎
  2. Im folgenden mit „LK“ abgekürzt. ↩︎
  3. Vgl etwa Seegruben – Urteil, LG Innsbruck, 25 Hv 194/80 und das Biberwier – Urteil, LG Innsbruck 36 Hv 13/90. ↩︎
  4. Auch in anderen Bundesländern haben sich LK gebildet; sie werden jedoch immer noch idR aufgrund der Katastrophengesetze iVm den verschiedenen Gemeindeordnungen tätig. ↩︎
  5. Vgl dazu etwa Schimpp/Mayr, Temporärer Lawinenschutz, in: Land Tirol (Hrsg), Lawinenhandbuch (1996)6 115f. ↩︎
  6. Im Gegensatz zum temporären Lawinenschutz versteht man unter Maßnahmen des permanenten Lawinenschutzes dauerhaft wirksame technische, forstliche und raumplanerische Maßnahmen. Vgl dazu etwa Hanausek/Hopf, Permanenter Lawinenschutz, in: Land Tirol (Hrsg), Lawinenhandbuch6 (1996) 107. BMLF, Lawinen in Österreich (oJ) 22. ↩︎
  7. Katastrophenhilfsdienstgesetz, im folgenden KatHDG, LGBl 1974/5. ↩︎
  8. Im folgenden LKG. LGBl 1991/104. ↩︎
  9. § 3 Abs 1 lit a LKG. ↩︎
  10. Vgl dazu etwa Strassern, Rechtsprobleme der Katastrophenabwehr am Beispiel der „Lawinenkommissionen“ ÖGZ 22/1981, 517 ff. Obholzer, Die rechtliche Stellung der Lawinenkommission, in: Bundesministerium für Justiz (Hrsg), Lawinenschutz und Recht (1983) 155 ff. ↩︎
  11. Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht3 (1996) 341. Vgl dazu auch Barfuß, Die Weisung (1967). ↩︎
  12. Vgl § 1 Abs 1 LKG: „Die Gemeinden, in deren Gebiet die Gefahr von Lawinenkatastrophen besteht, haben eine Lawinenkommission einzurichten.“ ↩︎
  13. § 3 Abs 4 KatHDG. ↩︎
  14. § 11 Abs 2 KatHDG. ↩︎
  15. § 15 Abs 2 KatHDG. ↩︎
  16. Weber, Die mittelbare Bundesverwaltung (1987) 194 f. ↩︎
  17. Vgl Art 103 B-VG. ↩︎
  18. Der „Bürgermeister als Gemeinde – Einsatzleiter und die nach § 3 Abs 4 von ihm betrauten Mitglieder der Gemeinde-Einsatzleitung [sind] an die Weisungen des Bezirks – Einsatzleiters gebunden.“ ↩︎
  19. Vgl etwa LWZ Tirol/LWD, Arbeitsbehelf für die Lawinenkommissionen (1992) 46. ↩︎
  20. Weber, Bundesverwaltung 195. ↩︎
  21. § 3 Abs 1 lit b LKG. ↩︎

(22) Vgl dazu § 94b Abs 1 lit a StVO.

(23) 22 Blg sten Prot NR, IX. GP.

(24) BGBl 1971/286 idF BGBl I 1999/182.

(25) LGBl 1983/13 idF LGBl 1998/8.

(26) So sieht etwa das Tiroler Landes-Feuerwehrgesetz in § 1 die Mitwirkung der Feuerwehren ua. bei der Abwehr von Gefahren für das Leben und die Gesundheit von Menschen und in den sonstigen durch Gesetz gestimmten Fällen vor.

(27) Adamovich/Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht3 (1987) 175. Vgl auch Festl, Das Recht der Feuerwehr (1995).

(28) Im folgenden StVO, BGBl 1960/159 idF BGBl I 2000/32.

(29) Vgl Messiner, StVO10 (1999) 742, wonach die lit a vor allem Maßnahmen zum Gegenstand hat, die nach Abgang einer Lawine oder bei akuter Lawinengefahr zu treffen sind.

(30) IdR wird eine Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde anzunehmen sein. Dies ergibt sich aus § 94b Abs 1 StVO, die deren Zuständigkeit annimmt, soweit die Maßnahmen nur für den betreffenden Bezirk wirksam werden sollen.

(31) Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht7 (1999) 154.

(32) Auch eine Qualifikation als Auskunft würde in diesem Punkt zum gleichen Ergebnis führen, denn auch eine Auskunft hat keine rechtliche Bindungswirkung.

(33) BGBl 1991/50 idF BGBl I 2000/29.

(34) Vgl dazu OGH 9.6.1992, 1 Ob 16/92 iVm VfSlg 13 476/1993. Außerdem Weber/
Pöschl, Die Haftung der Länder in der mittelbaren Bundesverwaltung (2000) 5 ff.

(35) Der LK „obliegen“…

(36) Vgl etwa OGH 27.4.1977, 1 Ob 9/77. OGH 3.10.1996, 1 Ob 2183/96b.

(37) Das Handeln eines Organs muss immer einem juristischen Organ zugerechnet werden können. Zurechnen bedeutet, dass das Handeln im Rechtssinn als Handeln jener Gebietskörperschaft gilt, für die das Organ tätig wird. Vgl dazu etwa Raschauer, Verwaltungsrecht 33, 65.

(38) Vgl dazu Gstöttner, Tiroler Straßengesetz (1989) 18 ff.

(39) 2 Ob 84/68, 2 Ob 84/68.

(40) § 2 Abs 7 TirStrG.

(41) Adamovich/Funk, Verwaltungsrecht 328.

(42) Nach § 1 Abs 1 AHG haften die Rechtsträger nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts für Schaden an Vermögen oder an Personen, den die als ihre Organe handelnden Personen in Vollziehung der Gesetze durch ein rechtswidriges Verhalten wem immer schuldhaft zugefügt haben.

(43) Vgl etwa LWZ/LWD Tirol, Arbeitsbehelf für Lawinenkommissionen (1992) 20.

(44) Deswegen soll auf die zur Lösung dieses Problems entwickelten komplizierten Konstruktionen, die mit Inkrafttreten des LKG hinfällig geworden sind, gar nicht mehr eingegangen werden. Vgl beispielhaft Krejci, Die verfassungs- und zivilrechtliche Stellung und Verantwortlichkeit der Lawinenkommissionen, ÖJZ 1/1985, 35.

(45) Vgl Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht (1998) 357. Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht 23.

(46) Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht 25. Raschauer, Verwaltungsrecht 362.

(47) Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht 332.

(48) Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht 332.

(49) Darunter fallen etwa die Bundesanstalten für Lebensmitteluntersuchung nach dem Lebensmittelgesetz, die meines Erachtens mit den LK vergleichbar sind: Sie sind ähnlich wie die LK verpflichtet, auf Verlangen der zuständigen Verwaltungsbehörden und Gerichte sowie von Privatpersonen Untersuchungen im Rahmen des Lebensmittelgesetzes durchzuführen und darüber Befunde und Gutachten zu erstatten (vgl dazu § 43 LMG).

(50) Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht 650.

(51) Vgl dazu etwa Raschauer, Verwaltungsrecht 79. So kommt etwa den Angehörigen des Wachkörpers Bundesgendarmerie, die als Hilfsorgane für die Bezirksverwaltungsbehörde tätig werden etwa die Befugnis der Ausübung von Akten unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt zu.

(52) Vgl in diesem Zusammenhang auch das Schrifttum zur Codexkommission nach dem Lebensmittelgesetz. Etwa Lustig, Die rechtliche Bedeutung des Inhalts des österreichischen Lebensmittelbuches, ÖJZ 1954, 37f, der in den Beschlüssen der Codexkommission keine bloßen Empfehlungen sieht; außerdem trägt für ihn die Kommission die Verantwortung für den Inhalt des Lebensmittelbuches und nicht der zuständige Minister. Anderer Meinung ist Strobl, Der Codex alimentarius Austriacus und die Codexkommission ÖJZ, 1954 245 ff.

(53) Adamovich/Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht3 (1987)291. Vgl auch Öhlinger, Das Problem des verwaltungsrechtlichen Vertrages (1974).

(54) Vgl dazu etwa Doralt, Der verwaltungsrechtliche Vertrag, in: FS Antoniolli (1979) 205 ff. Raschauer, Verwaltungsrecht 611 ff

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