Tiefschneefahren – Befahren des freien Skiraums verbieten?

von Mag. iur. Werner Senn
Gerichtlich beeideter und zertifizierter Sachverständiger für Ski- und Snowboardunfälle

Tiefschneefahren

Befahren des freien Skiraums verbieten?

Mag. Werner Senn
Mag. Werner Senn

Immer wieder gibt es Diskussionen – speziell nach Lawinenunfällen – das Befahren des freien Skiraums (zB bei bestimmten Gefahrenstufen) gesetzlich zu verbieten. Der Autor Mag. Werner Senn erläutert, warum die Wegefreiheit im Bergland ein Sperren des freien Skiraums verbietet. Zum Abschluss formuliert er dazu noch seine persönliche Meinung.

Skirecht

Skirecht ist ein weitgefächerter Sammelbegriff für alle rechtlichen Beziehungen, die mit dem Skilauf in Zusammenhang stehen. Eine spezielle skirechtliche Norm gibt es nicht – mit Ausnahme einzelner Gemeindepistenverordnungen. Skirecht bedeutet derzeit eine sachgerechte Anwendung der allgemeinen Normen des Straf-, Zivil- und Verwaltungsrechts.

Nirgendwo in der Welt wurde der Skilauf bisher umfassend gesetzlich geregelt. Dies hängt wohl auch damit zusammen, dass einerseits zwischen dem Wunsch nach Freiheit und andererseits der Notwendigkeit einer gewissen Ordnung nun mal ein Spannungsverhältnis besteht.

Die Problematik des Skirechts ist sehr vielschichtig und durch Gesetze nur schwer in den Griff zu bekommen, Skilauf soll ja auch nicht zweckentfremdet werden und das freie genussvolle Gleiten über Pisten und Tiefschneehänge soll nicht unbedingt einem geregelten Verkehrsgeschehen weichen. Andererseits ergeben die zahlreichen Lawinenunfälle und allgemein die Entwicklung des Skilaufs hin zum Massenskisport zunehmend Konfliktstoff, der einer gesetzlichen Regelung bedarf.

Das „Tiefschneefahren“ und der juristische Begriff „Wegefreiheit im Bergland“

Randmarkierung Piste
Randmarkierung: Piste (links) –
freier Skiraum (rechts)

Immer wieder gibt es Diskussionen – speziell nach Lawinenunfällen – das Befahren des freien Skiraums (ev. bei bestimmten Gefahrenstufen) gesetzlich zu verbieten.
Einerseits vermittelt eine Tiefschneeabfahrt unbestritten ein beglückendes Gefühl, das gesteigerte skifahrerische Können, eine gewisse Flucht vor überfüllten Pisten und tolle Werbeslogans animieren natürlich in die unberührten Hänge zu fahren. Anderseits müssen sich nach Lawinenunfällen die Mitglieder der Rettungs-Organisationen selbst in die Gefahr begeben, um nach Verschütteten zu suchen.

Unterzieht man diese Situation einer Rechtsbetrachtung, so gibt es zahlreiche landesgesetzliche Vorschriften, die eine weitgehend uneingeschränkte Wegefreiheit im Ödland garantieren, was als Rechtsgrundlage für die Wintersportausübung, insbesondere für das Touren-, Tiefschnee- und Variantenfahren dient. Das absolute Recht des Grundeigentümers – das Betreten/Befahren seines Grundes zu verbieten – wurde aus sozialen Gründen eingeschränkt und neben forstrechtlichen Regelungen gewährt das Legalservitut somit einen subjektiven Rechtsanspruch, den Wald (mit gewissen Ausnahmen) und das Ödland (Tiefschneehänge) zu Erholungszwecken zu betreten und in diesem Sinne auch mit Wintersportgeräten zu befahren.

Deshalb ist es schon aus rechtlichen Gründen derzeit nicht möglich, den freien Skiraum zu sperren und das Tiefschneefahren abseits der Pisten zu verbieten.

Die Wegefreiheit garantiert einen Rechtsanspruch, den Wald und das Ödland zu Erholungszwecken zu betreten. Deshalb ist es derzeit nicht möglich, den freien Skiraum zu sperren und das Tiefschneefahren abseits der Pisten zu verbieten.

Mag. Werner Senn
Gesperrte Piste
Gesperrte Piste

Meinung: Pisten sperren können. Freien Skiraum dort, wo Gefährdung der Piste

Mag. Werner Senn
Werner Senn

Ich persönlich würde dafür eintreten, dass für ganz spezielle Bereiche im Skisport ein gesetzlicher Rahmen geschaffen wird, der zum Beispiel das Befahren von gesperrten Pisten (zB wegen Lawinengefahr) unter Strafe stellt und dieses Verhalten behördlich sanktioniert werden kann.
Dies ist derzeit nur dort möglich, wo eine gesetzliche Grundlage besteht, wie zB. im Vorarlberger Sportgesetz oder in der Pisten- und Loipenordnung der Gemeinde St. Anton. (Auf die juristische und verfassungsrechtliche Problematik, die hinter den angeführten Normen steckt, soll in diesem Beitrag nicht näher eingegangen werden.)
Weiters müsste eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden, dass der Pistenerhalter oder die Lawinenkommission auch den freien Skiraum im Variantenbereich sperren kann, nämlich dort, wo eine Gefährdung der Piste durch Lawinenauslösung besteht. Dies kann sich naturgemäß nur auf einzelne und sehr exponierte Flächen in den Skigebieten meiner Meinung nach beschränken.

Grundlagenliteratur:

  • Handbuch des Österreichischen Skirechts
    Dr. Josef Pichler und Dr. Wolfgang Holzer
    Wirtschaftsverlag Dr. Anton Orac, Wien 1987
  • Ratgeber Skirecht
    Mag. Werner Senn
    ASI-Tirol, Landeck 2003

Schreibe einen Kommentar